Der verlauf des Trainings |
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Am 21.04.02 war es endlich so weit: Mein erster Marathon stand an. Der Tag war lange ersehnt und auch mit einigem Unwohlsein erwartet worden.....
Aber angefangen hat alles im November des letzten Jahres, da habe ich mich auf die Homepage des Hamburg Marathons verirrt und nachdem ich in einigen Zeitungen und Büchern zuvor über den Mythos Marathon gelesen habe, habe ich mich einfach über das Internet angemeldet. Mir war zwar bewusst, das von da an ein hartes Training auf mich wartet, aber ich habe nicht bedacht, dass auch der Rest der Familie darunter leidet, wenn Papi mal wieder laufen gehen muß oder besser gesagt, laufen gehen will. Gleich zu Beginn des 12 Wochen dauernden Trainingsprogramms bin ich krank gewesen, und zwar so krank, daß ich nicht laufen konnte. Aber es half nichts, das Training begann also mit einer Regenerationswoche. Den ersten „langen Lauf“ habe ich in die darauffolgende Woche verschoben, um wenigstens diese wichtigste Einheit nicht zu verlieren. Bei meinem restlichen Programm bin ich glücklicherweise von sonstigen Krankheiten verschont geblieben. Auch das Wetter war mir bis auf einen Tag immer gnädig. An diesem Tag bin ich zu einem langen Lauf aufgebrochen und musste bei einer Trinkpause nach 10km wegen des stärker werdenden Regens abbrechen. Glücklicherweise habe ich diese Trinkpause zu Hause gehabt und musste mich so nicht mehr ewig durch den Ragen nach Hause quälen. Im weiteren Training musste ich immer längere Strecken bewältigen. Dabei bin ich dann an der Saar entlang bis nach Saarburg gelaufen oder immer im Kreis durch den Mattheiser Wald. Einmal bin ich mit der Frau eines Kollegen gelaufen ,dabei habe ich einige sinnvolle und gute Tipps bekommen. An dem Lauftag habe ich auch nach 25km meinen einzigen richtig großen Einbruch erlebt. Ich bin so kaputt gewesen, daß ich meine letzten 3 km nicht ehrenvoll zu Ende bringen konnte. Zum Glück war meine Laufpartnerin schon vorher ausgestiegen, sonst hätte ich Ihr auch noch den Lauf versaut und das Erlebnis wäre für mich so einschneidend gewesen. Es ist ziemlich deprimierend wenn man in einer Trainingsphase schon bei der Hälfte der späteren Enddistanz so versagt, daß man gerade noch gehend und total durchgefroren das Ziel erreicht. Das einzig Gute daran war, dass ich gelernt habe für alle nachfolgenden langen Läufe mehr zu trinken und, vor allen Dingen, auch etwas zu Essen mit zu nehmen. Das Essen hat sich dann auf ein Gel beschränkt, das dem Körper schnell Kohlenhydrate zuführt. Leider hat dieses Gel auch so geschmeckt wie es sich anhört. Zusätzlich ist es superteuer und ich habe auch nie irgendjemand anders das Zeug kaufen oder essen sehen. Auf jeden Fall hat es aber geholfen. Bei einigen der letzten Läufe konnte Fanti mich mit dem Fahrrad begleiten und mir so zur Seite stehen. Das waren die einzigen Einheiten bei denen ich nicht ganz auf mich alleine gestellt war, was mir viel Spaß gemacht hat. Das gesamte Training ist sehr hart gewesen hat mir aber sehr viel Spaß gemacht. Ich hab einen deutlichen Leistungszuwachs gemerkt, aber es hat auch seinen Tribut gefordert. Ich bin deutlich mehr müde gewesen und habe noch mehr gegessen. Somit habe ich zwar kein Gewicht zugenommen aber auch nichts verloren. Am deutlichsten hat sich die Müdigkeit bei einem Testwettkampf über 10km gezeigt. Die Zielzeit war nicht berauschend und ich bin von einem mindestens 70 Jährigem überholt worden, der zusätzlich auch einen Lauffehler hatte und nur tippeln konnte. Trotz des Versuches zum Mithalten, musste ich mich geschlagen geben. Aber es war ja nur ein Testlauf, und das eigentliche Ziel der Marathon ....
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Am
Anfang des Marathonwochenendes stand die Fahrt nach Hamburg, das Abholen der Startnummer und ein Besuch
der obligatorischen Marathonmesse auf dem Programm. Mit dem Auto ging es also
nach Hamburg und voller Erstaunen mussten wir feststellen, dass schon einige
Straßenteile gesperrt waren und das von den gemeldeten 20.000 Teilnehmern
mindestens die Hälfte gerade da war. Ein Parkplatz zu finden grenzte an
ein Wunder, was jedoch letztendlich geschah und zwar mit Hilfe eines netten
Parkplatzwächters am Funkturm, der uns in einem abgesperrten und nicht zum
Parken vorgesehenen Bereich kostenlos stehen ließ. Bei so einem Anfang konnte
schon nicht mehr viel schief gehen. Auf der Messe waren dann etliche Aussteller
und Geschäfte vertreten die Ihre Ware zu sehr günstigen Preisen feil boten.
Das Gedränge stand in direktem Verhältnis zu den Preisen und hat mich nicht
gerade ermutigt nach Schnäppchen zu suchen. Wenn
der nachfolgende Tag nicht so anstrengend zu erwarten wäre, hätte ich
wohl mehr Muße gehabt. So bin ich nur einmal durchgeschlendert, habe das
aufgeregte Durcheinander der Gleichgesinnten und diese gewisse Spannung und
Aufregung aufgenommen. Nach kurzem und problemlosen Anstehen habe ich meine
Startunterlagen erhalten und damit noch eine Bildsonderausgabe und natürlich
das Finisher T-Shirt. Das mußte ich mir aber erst noch verdienen. Zum Schluß
noch schnell ein paar Flyer für andere interessante Laufveranstaltungen
gegriffen und dann wieder zurück nach Hause. Um das gesamte Messegelände hat
man nur Menschen mit den Hansaplast Kleidersäcken gesehen und das in einer
riesigen Anzahl.
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Der
lang ersehnte Tag war nun endlich da und wir sind in aller Herrgottsfrühe
aufgestanden, genauer gesagt um 0445 Uhr. Die Laufklamotten
haben schon bereitgelegen, denn der
Wetterbericht war ziemlich eindeutig für den Tag, aber bevor das schöne Wetter
anfing, mußte der Morgennebel mit 5 Grad überstanden werden. Somit mußte ich
mich erheblich wärmer anziehen als es für den Lauf eigentlich nötig gewesen wäre.
Die Aufregung ist immer größer geworden und das Frühstück recht knapp
ausgefallen. Ein Honigbrot und was zu Trinken mussten genügen. Ich habe dann
auch angefangen schon mal auf Vorrat zu trinken und bin dann nur noch mit meiner
Wasserflasche rumgelaufen. Alle Fans wurden dann in zwei Autos verladen und wir
haben uns durch den Nebel bis nach Nettelnburg
gekämpft. Da sind wir dann in die S-Bahn gestiegen. So wie es am Vortag
geendet hat, mit den Hansaplast Kleidersäcken und Leuten in Trainingsanzügen
überall, fing es auch wieder an. Die
Bahnsteige und die S-Bahn waren rappelvoll und füllten sich zusehends. Am
Dammtor sind wir ausgestiegen und haben nach kurzer Orientierung auch den
richtigen Weg gefunden. Ab hier konnte man nicht mehr der Menge nach gehen, da
der Start aus drei verschiedenen Straßen erfolgte. Aus meinem Startblock sind
auch die Skater gestartet, weshalb man etwas vorsichtig über die Straßen gehen
mußte, um eine Kollision zu vermeiden. Zu den Skatern bleibt zu bemerken, dass
die meisten mit Schuhen ohne Bremse unterwegs waren, was ich recht ungewöhnlich
fand. Einige der Läufer jedoch waren auf den Skates so unsicher, dass ich mich
fragte, wie die wohl über die recht unebenen Straßen und vor allen Dingen auch
die Zeitmessmatten kommen wollten, ohne einen Massensturz zu verursachen. Aber
egal. Bevor ich mich in meinen Startblock begeben habe, hat die viele
aufgenommene Flüssigkeit mir zu erkennen gegeben, daß sie jetzt warm genug
ist. Also machte ich meine ersten Erfahrungen mit diesen mobilen Donnerbalken,
die überall am Straßenrand standen. Wenn man davor stand, war es hübsch zu
beobachten wie es aus den oberen Lüftungslöchern dampfte, natürlich von den
aufgewärmten Körpern in der noch kühlen Luft. Drinnen sah es aus wie erwartet, jedoch recht sauber, wahrscheinlich weil es noch recht früh war. Die LKWs
für die Kleidersäcke standen gut postiert am Ende des Startblocks wo wir die
restliche Wartezeit verbrachten. Ein Marathonwerbepartner verteilte Plakate, die
man mit Filzstiften selbst beschriften konnte, um bestimmte Teilnehmer speziell
anfeuern zu können. So haben meine Lieben auch ein paar Plakate gemalt, die ich
dann später lesen durfte. So waren an der gesamten Strecke Plakate zu lesen die
wirklich toll waren, viele waren echt witzig und die meisten super motivierend.
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Eine
halbe Stunde vor dem Start bin ich dann in den Startblock gegangen, die
Aufregung hatte sich ein bisschen gelegt und ich habe das ganze nur als großen
Lauf mit vielen Gleichgesinnten gesehen. Die Vorfreude hat die Unsicherheit überwogen
und es hätte dann auch langsam beginnen können. Zwanzig Minuten vor dem Start
hat sich mein Unterstützungsteam dann auf den Weg zum ersten Zujubelpunkt
gemacht und ich habe meine warmen Klamotten abgeben müssen. Als Ersatz durfte
ich dann meinen wunderschönen blauen Müllsack anziehen. Der war zwar nicht
besonders schön, aber selbst zugeschnitten und er hat auch wirklich warm gehalten.
Zu meiner Überraschung bin ich nicht der einzige gewesen mit diesem praktischen
Kleidungsstück und außerdem gibt es diese Tüten auch von irgendwelchen
Firmen, wodurch das dann etwas professioneller aussieht und nicht so sehr nach
Penner. Um 08.50 Uhr ist dann der Startschuß für die Rollis und die Skater
gefallen. Später habe ich bei der Fernsehaufzeichnung dann gesehen, dass die
ziemlich eindrucksvoll losgerast sind und alles ohne Probleme geklappt hat. In
meinem Startblock hat der Moderator für diesen Startblock alles kommentiert,
ohne dabei nervig zu sein. Nachdem die Skater aus meinem Block weg waren, sind
die Trennseile rausgenommen worden und die Zielzeittrennungen innerhalb des
Blockes aufgehoben worden. Somit ist das Feld weiter nach vorne zusammen gerückt,
aber ohne das es Gedränge oder Chaos gegeben hätte. Die Teilnehmer waren sich
wohl alle über das zu Erwartende im Klaren und wussten, daß drängeln nichts
bringt. Es war nun höchste Zeit
einem dringenden menschlichen Bedürfnis nach zu gehen, allerdings waren die
Toilettenhäuschen so überlaufen das für viele der direkt angrenzende Planten
un
Bloomen herhalten mußte. Wahrscheinlich hat dieser günstig gelegene Park auch
verhindert, was mir von Marathonerfahrenen vorher berichtet wurde, nämlich das
Pipi machen innerhalb der Startaufstellung durch einfaches hinhocken. Eine
Minute vor dem Start habe ich dann meinen Sack zerrissen und weggeworfen. Die
letzten zehn Sekunden wurden in dem Startfeld gemeinsam runter gezählt und
unter gemeinsamen Jubel hat man sich langsam in Bewegung gesetzt. Es war ein
ganz tolles Gefühl der Gemeinsamkeit mit all diesen fremden Läufern die sich
auf diesen langen Weg machten und dabei bestimmt genauso unsicher, aber glücklich
waren wie ich, da die meisten um mich herum aufgrund der Starteinteilung
Marathonneulinge waren. Ohne Gedränge ging es vorwärts, vorbei an all den
abgelegten Klamotten, die jetzt traditionsgemäß eine Spende für Obdachlose
waren, über die Startlinie. Mit nahezu einem durchgehenden Gepiepe der
Zeitnahme Chips konnte ich direkt ab dem Start langsam loslaufen. Durch die
Hilfe meines Pulsmessers habe ich schnell mein Lauftempo gefunden und konnte es
auch halten. Das Laufen ließ nun alle Aufregung verfliegen und von da an war
ich nur noch zuversichtlich. Es hat so viel Spaß gemacht, dass ich von hier an
bis mindestens Kilometer 30 durchgehend gelächelt habe. Gleich am Anfang sind
mir zwei Frauen begegnet mit dem T-Shirtaufdruck
„Iron Mums“, was ich ziemlich gut fand. An der Reeperbahn sind dann die
Startblöcke aus den drei verschiedenen Straßen aufeinander getroffen und von
nun an vereint gelaufen. Vor dem Schauspielhaus haben dann zum ersten Mal meine
Fans gewartet und mich super angefeuert. Ab hier waren unvorstellbare
Zuschauermengen an der Strecke die auch bis zum Ende nicht abgerissen sind. Auch
auf der Reeperbahn war sehr viel Publikum, das alle Läufer angefeuert und Mut
zugesprochen hat. Die ersten fünf bis sechs Kilometer sind einfach so verflogen
ohne das man etwas gemerkt hat. Ich habe, wie geplant, von Anfang an alle 5
Kilometerversorgungsstellen genutzt und etwas getrunken. An der Strecke saßen
viele Leute die gefrühstückt haben und sich an einem reichlich gedeckten Tisch
erfreut haben, während sich das ewig lange Feld vorbeigeschoben hat. An einer
Stelle, wo zwar viele Leute standen, die jedoch wegen der vielen Läufer vor uns
eine Pause machten rief einer der Mitläufer diesen zu: „Hey, man hört Euch
gar nicht“. Daraufhin war sofort wieder ein deutlicher Jubelgeräuschpegel zu
vernehmen. Zwischen den einzelnen Stadtteilen, die nun durchquert wurden, hat
jeder sein eigenes Flair und auch eine eigene Stimmung gehabt. In St. Pauli und
Osdorf wurde am Straßenrand Rockmusik gespielt oder einfach Lautsprecher auf
die Terrasse gestellt, an der Elbchaussee standen die Leute in Pelzmänteln an
der Straße, haben Champagner getrunken und
vornehm zurückhaltend geklatscht. Jeder einzelne Zuschauer hat so nach
seiner eigenen Vorstellung an der Veranstaltung teilgenommen, was wirklich super
eindrucksvoll war. Vor dem Altonaer Rathaus stand eine Kapelle die gespielt hat
und dafür von den Läufern viel Beifall erhalten hat. Nach dem ersten
Umkehrpunkt ging
es
direkt auf der Elbchaussee zurück in Richtung Landungsbrücken. Das Feld hatte
sich nun schon deutlich auseinander gezogen, jedoch ohne richtige Lücken zu
haben. Immer wieder haben die Läufer die Büsche am Wegesrand genutzt, es waren
aber auch erstaunlich viele Toilettenhäuschen aufgestellt. Bei km 7 war ein
Stand von Zuschauern die wohl Traditionsgemäß jedes Jahr an dieser Stelle
standen. Um das zum Ausdruck zu bringen stand dort ein großes Plakat mit der
Aufschrift www.kilometer7.de . An deren
Stand konnte man sich wohl, wenn gewünscht ein Schnäpschen nehmen, was aber
glaube ich nur sehr wenige Mitläufer getan haben. Etwas weiter war auf einem
der selbst gemalten Plakate von einem Kind zu Lesen: „Braucht hier jemand nen
Taxi ???“. Dreißig Kilometer später hätte ich da wohl noch mal drüber
nachgedacht. Noch auf der Elbchaussee haben wir dann
ein Altersheim passiert, vor dem alle Bewohner an der Straße versammelt
saßen, entweder in Rollstühlen oder mit Stuhl und Tisch. Hier waren dann
Plakate zu lesen mit dem Motto: „Früher war ich schneller“ oder „Nächstes
Mal bin ich auch dabei“. Bei Kilometer 10 habe ich dann mein erstes Gelpaket
gegessen oder besser gesagt runtergespült. Und hier habe ich dann zum ersten
Mal gesehen, dass ich nicht der einzige Bescheuerte bin, denn es lagen schon
einige leere Packen am Boden. Am Boden lagen aber auch Unmengen von Pappbechern.
Man hat teilweise nicht mal mehr die Straße gesehen. Das nächste Highlight war
dann der Fischmarkt, über den leider nicht direkt gelaufen wurde. Aber dafür
standen hier super viele Menschen, die alle eine Spitzen Stimmung verbreitet
haben. Leider konnte man im Weiteren Verlauf des Hafens und der Landungsbrücken
noch nicht viel von dem Wasser sehen, da der Nebel noch alles in einen Schleier
gehüllt hat. Vorbei an den Häusern der Hafenstraße haben mich meine Lieben
vor den Landungsbrücken erwartet. Versteckt hinter einer Rhythmus verbreitenden
Sambaband wurde kräftig für mich gejubelt. Kurz dahinter war auf einem großen
Banner die Anfeuerung der Trierer Moselgazellen zu lesen, die ich aber noch
nicht kannte. Vorbei an der wunderschönen Speicherstadt, in deren Schatten ich
mich noch einmal erleichtern mußte führte der Weg in den Tunnel, der am
Hauptbahnhof vorbei führt. In
diesem Tunnel standen zwar keine Zuschauer, aber dafür hat das gesamte Läuferfeld
einige selbstorganisierte La Olas gemacht, was in dem Tunnel unheimlich
beeindruckend war, durch das Echo und den tollen Anblick. Diese Szene empfand
ich als symptomatisch für die Stimmung im Läuferfeld, die toll war und wohl
allen sehr viel Spaß gemacht hat. Aus dem Tunnel heraus sind wir nach links an
die Binnenalster gelaufen,
mit Blick auf den Jungfernstieg. Zu dieser Zeit war die Sonne endlich
aufgetaucht, was einen wunderschönen Blick auf die Binnenalster mit Fontäne,
das sich herumschlängelnde Läuferfeld, den wunderschönen Jungfernstieg und
als Hintergrund die grünen Kupferdächer und den strahlend blauen Himmel. An
den Esplanaden konnte man auf das Ende der Laufstrecke sehen, wo sich schon die
Skater auf den letzten 2 Kilometern befanden. Ein komisches Gefühl zu sehen,
das die ersten im Ziel sind während man selber den schlimmsten Teil noch nicht
mal in Angriff genommen hat. Danach ging es über die Kennedybrücke an die Außenalster.
Man konnte beim Laufen schön über das Wasser sehen und die Segler beobachten.
An der Außenalster sind mir auch Jogger begegnet, die gegen die Laufrichtung
gelaufen sind und nicht an dem Marathon teilgenommen haben und uns ziemlich
sparsam angesehen haben. Zu der Zeit habe ich auch die ersten Aussteiger gesehen
die Ihre Startnummer zusammengeklappt hatten und zurück gegangen sind. Noch vor
der Halbmarathonmarke kam das Feld an einem Erfrischungspunkt vorbei an dem
Lautsprecherdurchsagen gemacht wurden um die Läufer zu motivieren. Eine der
Ansagen war, dass Dieter Baumann bei Km 35 ausgestiegen war. Dies wurde von den
meisten Läufern mit Freude und Gelächter quittiert. Der gute Herr Baumann hat
keinen guten Ruf mehr in Läuferkreisen und die dicken Sprüche vor seinem
Marathondebüt waren den meisten noch in Erinnerung. Bei km 23 haben meine
lieben Fans mich dann wieder angespornt und Mut zugesprochen. Bei Kilometer 25 waren
erste Ermüdungserscheinungen nicht mehr zu verleugnen. Teilweise hatte ich
kurzfristig Seitenstiche und die Knie taten mir weh. Der weitere Lauf
kam mir vor wie ein Lauf von Party zu Party. Teilweise war etwas weniger
Publikum an der Strecke und dann kam man wieder an einen zentralen Punkt, wie
große Kreuzungen oder U-Bahnstationen an denen Bierbuden und Fressstände
aufgebaut waren. Dort war es dann wieder besonders schön. In der City Nord
kamen für mich mehrere ungewöhnliche Dinge zusammen. Einmal war dort eine
riesige Stimmung mit sehr vielen Zuschauern, was für dieses Büro- und Wirtschaftgebiet
sehr ungewöhnlich war.
Weiterhin
habe ich mich direkt auf mein noch unbekanntes Terrain zu bewegt. Ich bin nämlich
noch nie mehr als 32 Km am Stück gelaufen. Mittlerweile war es sehr warm
geworden und ich hätte gerne meine jetzt zu warmen Klamotten ausgezogen. An den
Punkten wo meine Unterstützer standen hatte ich aber keine Lust stehen zu
bleiben und meine Startnummer abzumachen, da ich auch nicht wusste , ob ich
danach weiter laufen kann. Also habe ich an allen Verpflegungsstellen meinen
Schwamm gefüllt und mir über den Kopf gedrückt, um mir etwas Erfrischung
zu verschaffen. Zusätzlich habe ich mehrere Becher getrunken und mir noch
mindestens einen über den Kopf geschüttet. Es ist jetzt mit jedem Kilometer
schwerer geworden und ab Kilometer 35 taten mir die Beine ziemlich weh. Ich bin
aber offensichtlich nicht der einzige gewesen, dem die Strecke und die Hitze zu
schaffen gemacht haben. Im Läuferfeld ist es ziemlich ruhig geworden und die
vielen Unterhaltungen, die man bis jetzt überall gehört hatte, sind verstummt.
Alle haben nur mit sich und Ihrem Inneren Schweinehund gekämpft. Zusätzlich
habe ich dann auch noch Hunger bekommen und bin dann durch eine Kleingärtnersiedlung
gelaufen, wo gegrillt wurde und die Zuschauer den Läufern Bier angeboten haben.
Bei km 33 haben meine Lieben noch
mal auf mich gewartet und mir Mut zugesprochen. Eigentlich wollte Fanti von hier
an mit mir laufen, wir haben das aber dann gelassen, aus Angst, daß Sie aus dem
Feld genommen wird ohne Startnummer. So mußte ich mich also nun allein weiter
durchkämpfen. An den Verpflegungsstellen konnte man sich massieren lassen, was
auch sehr viele getan haben. Sie haben sich dazu kurz auf Biertische gelegt und
wurden wieder fit gemacht für die letzten Kilometer. Ich hatte das aber nicht
ausprobiert und wollte kein Risiko mehr eingehen. Die letzten Kilometer sind mir
so
schwer gefallen, daß ich mehrfach ans Aufhören gedacht habe oder zu mindest
daran, zwischendurch zu gehen. Um mich herum haben sehr viele die gleichen Gedanken
gehabt, denn es sind sehr viele gegangen. Was mich mit davon abgehalten hat,
waren die vielen, vielen Zuschauer, die alle Läufer gleichermaßen angefeuert
haben und so die Läufer quasi getragen haben. Das Motto auf fast allen selbst
gemalten Plakaten war: „Ihr seid alle Sieger“. Dies war sicher auch Olympia
bezogen wofür Hamburg hier für sich Werbung machen wollte und auch
hervorragend getan hat. Es war ein durchgehende Menschengasse die jedem Läufer
den Weg gezeigt hat. Jeder Kilometer ist eine schlimmere Qual geworden als der
davor und irgendwann konnte ich mich nicht mal mehr damit motivieren, daß so eine
Reststrecke wie 2,5 km normalerweise Auslaufstrecke sind. Ich bin nur weiter
gelaufen, weil ich bestimmt auch nicht besser hätte gehen können, nicht 12
Wochen umsonst trainiert haben wollte und somit nicht aufgeben wollte. Die
Schmerzen wurden immer schlimmer und die Kraft war einfach weg. Auf den letzten
fünf Kilometern habe ich so ca. 15 Minuten verloren. Endlich kam die
Zielgerade
in Sicht und ich hatte keine Kraft mehr irgendwie schneller zu laufen. Irgendwie
habe ich Fanti aus der wirklich riesigen Menge Zuschauer, die applaudierten,
herausgehört und Ihr zu gewunken. Überglücklich
habe
ich dann die Ziellinie überquert und war total ergriffen von dieser Stimmung,
dem jetzt Erreichten und der Freude auf einen Sitzplatz und ein Wasser. Ich habe
mir nur noch die Medaille umhängen lassen und bin dann glücklich torkelnd in
den Ruhebereich gegangen. Mit einem Becher Wasser habe ich mich hingesetzt und
erholt. Ein vorbei kommender anderer Finisher hat mir etwas später
aufgeholfen, da ich dazu nicht mehr in der Lage war. Dabei hat er mich gefragt:
"Weißt Du warum wir das machen ???“. Eine Antwort hat sich jedoch bei seinem
und meinem glücklichen Gesicht erübrigt. Während ich da so saß wurden mehrere
Leute vorbeigetragen, die mir alle leid taten, da ich ungefähr wusste wie sie
sich fühlten. Leider ist ein Teilnehmer kurz vor dem Ziel verstorben. Er hat
sicherlich versucht alles zu geben mit dem Ziel vor Augen und dem Publikum im Rücken.
Diese Euphorie ist nicht zu unterschätzen und kann sehr gefährlich werden, wenn
man zu weit über die eigenen Grenzen geht. Mir hat vorher jemand gesagt, wenn der
Gebrauch von Drogen nur halb so glücklich und euphorisch macht, wie es der
Zieleinlauf und das Runners High tun, verstehe ich warum so viele Leute Drogen
nehmen. Ich kann das jetzt verstehen und nur jedem empfehlen, das selbst
auszuprobieren, natürlich das Marathon laufen. Einige Stunden nach dem
Zieleinlauf hört man dann auf darüber nachzudenken, warum man denn so
glücklich ist, im Ziel angekommen zu sein. Aber das Lächeln bleibt.
Nachdem ich etwas zu Kräften gefunden hatte, habe ich mich auf die Suche nach meinen Lieben gemacht. Dazu mußte ich das unüberwindliche Hindernis einer Treppe überwinden. Als wir uns dann endlich gefunden hatten und ich gestärkt durch zwei Bananen und eine Sektdusche (meine Fans meinten, daß müßte so sein nach dem ersten Marathon-Finish) mich wieder etwas bewegen konnte haben wir den Heimweg mit der U-Bahn angetreten. Aber alles schön langsam und es gab ja auch viel zu erzählen. Zu Hause wurde ich dann in der Wanne gepflegt, massiert und aufgepäppelt.
Das Lauferlebnis war wirklich unheimlich schön und prägend. Jeder sollte das mal probieren, es ist nämlich wirklich zu schaffen mit ein bisschen Vorbereitung . Vielen Dank noch mal an alle die mich dabei unterstützt haben, besonders meine 3 Lieben, denen die Zeit mit mir gefehlt hat.
Willgeroth,
Holger (GER)
belegte in der Gesamtwertung der Männer den 12699.
Platz
In der Wertung der Altersklasse M30 den 2193. Platz
Brutto-Zeit: 04:44:12 h
Netto-Zeit: 04:42:49 h
Halbmarathonzeit:
02:14:40
Splitzeiten
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10km: |
01:03:35
|
|
10-20km: |
01:04:05
|
|
20-30km: |
01:05:28
|
|
30-40km: |
00:00:00
|
|
1.
Hälfte: |
02:14:40
|
|
2.
Hälfte: |
02:28:09
|
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